Schmerz ohne Ausweg

Sie stach mir das Messer in den Leib;
heftig zitternd stand ich da –
In mir der Schmerz.
Doch der Schmerz war schön,
er war der Kanal der Liebe.
Immer wieder stach sie zu
und mit jedem Stich ging der Schmerz mehr in Qual über.
Näher kam sie meinem Herzen
und ich konnte mich nicht schützen,
gefangen war ich in ihrem Netz.
Trunken vor Stolz und Liebe
wurde ich der Gefahr nicht gewahr.
Regungslos wie das Opfer einer Spinne saß ich da
und ließ mich martern.
Sie traf mein Herz,
meine Seele entwich
und was blieb war der Schmerz –
er füllte alles in mir aus,
jeden Zentimeter meines Seins umfing er
und meiner Kraft beraubt,
blieb mit nichts als das Warten –
warten auf den Tod.
Als erstes starb meine Seele –
besser: der Rest meiner Seele,
der in mir zu wohnen beliebte,
der Rest, der sie zu lieben mir gestattete.
Doch langsam und brutal
brannte sie auch dies aus mir heraus.
Sie gönnte mir nicht den Tod.
Wann immer ich zu sterben bereit war,
weil die Hoffnung auf Genesung
in Resignation und Verzweiflung umschlug
und ich nichts sehendlicher wünschte,
als zum Ende zu gelangen,
lockerte sie den Griff,
zog das Messer aus meinem sterbenden Fleisch
und hauchte mit wieder etwas Leben ein.
Doch nur um meine Qual zu verlängern,
denn sofort stach sie wieder zu,
saugte mir wieder alles aus,
was mich am Leben hielt.
Doch ich hatte einen Traum:
Es erschien mir eine Frau,
eine Frau, die ich nicht kannte
und von ihrer Ausstrahlung angezogen,
machte ich mich auf die Suche nach ihr.
Doch immer wenn ich sie fast erreicht hatte,
kam der Folterer und zog mich zurück,
zeigte mir sein nacktes Fleisch
und ließ den Traum so sterben.
Doch ich Tor!
Wie konnte ich hoffen, Liebe zu finden,
der Fleischeslust zu frönen,
wo doch immer noch das Messer in mir ruhte?
Nun bin ich so weit geschwächt,
daß ich nicht einmal mehr trauern kann.
Ich bin bereit zu sterben!
Ich will meine irdische,
zerstörte,
seelenlose Hülle abstreifen
und dem Tod ins Auge blicken.
Mit Freude werde ich den Sensenmann erwarten,
denn seine Sense ist scharf
und der Tod wird mir nicht Schmerz bereiten –
er wird mich erlösen.
Doch ich habe nicht die Kraft,
um nach ihm zu rufen.
oft entweicht meinen Lippen ein erstickter Schrei,
doch zu leise ist er,
zu weit der Raum,
den er füllen muß!
Ich bin des Lebens müde,
warte auf das Ende,
spüre kaum noch den Schmerz,
ist er doch schon ein Teil von mir,
brauch ich ihn doch zum Leben
und ist das Messer doch mein Schwanz,
an dem sie sich ergötzt.
Und zwischen meinen Beinen
Ruht ein schwarzer Stiel aus fauligem Fleisch.
Der Teufel mit zwei Eiern dran,
ist ausgetrieben aus meinem Leben.
Sie hat ihn verbannt –
uuf Ewigkeit.
Der Motor,
der mir vor Geilheit den Geifer aus dem Mund laufen ließ,
mit dem ich sie begattete,
ihre Brüste rot zum lodern brachte,
wie Leuchtfeuer im Nebel der Nacht
ist tot.
Doch ich werde ihm bald folgen.
Meine Asche soll in aller Herren Länder verstreut werden.
Ich will in Erinnerung bleiben,
weil ich gelebt habe
und nicht,
weil meine Leiche auf irgendeinem Friedhof in einem Sarg liegt,
mein Körper verfault,
von Würmern bewohnt und zerfressen –
über mir ein Stein.
Ich war Mensch.
Achtzehn Jahre lang kannte ich Freude und Lust,
aber keine Liebe.
Dann kam sie.
Ich lernte die Liebe kennen,
doch alles andere starb.
Ihre Liebe war mein Lebenselixier,
Doch als auch dies starb,
starb auch ich –
Endgültig.

(14.05.1991)